2022

Methode und Vorgehen

Die Studie beruht auf den Datenerhebungen und den Auswertungen der spezialisierten qualitativen Forschung des rheingold Instituts, das durch tiefenpsychologische Marktforschung, digitale Instrumente und Auswertungsverfahren sowie quantitative Methoden Einblicke in Wahrnehmungszusammenhänge bietet.

Abb. 2

Inhaltliche Zuordnung der Items zur Populismus-Messung

  • Herrschaft des Volkes
    • Das Volk und nicht die die Abgeordneten sollten die wichtigsten politischen Entscheidungen treffen.
    • Ich würde lieber von einfachen Bürgerinnen und Bürgern als von spezialisierten Abgeordneten repräsentiert werden.
  • Anti-Pluralismus/homogener Volkswille
    • Ein „Kompromiss“ heißt in der Politik eigentlich nur, seine Prinzipien zu verraten.
    • In Demokratien ist es wichtig, Kompromisse zwischen verschiedenen Positionen zu finden.
    • Es ist wichtig, auch auf die Meinung anderer Gruppen zu hören.
  • Volk vs. Elite
    • Die Abgeordneten im Parlament verlieren ziemlich schnell den Kontakt mit dem Volk.
    • Die Unterschiede zwischen dem Volk und der Elite sind viel größer als die Unterschiede innerhalb des Volkes.
    • Leute wie ich haben keinen Einfluss darauf, was die Regierung macht.
    • Politikerinnen und Politiker reden zu viel und handeln zu wenig.
    • Die Politikerinnen und Politiker kümmern sich nicht viel darum, was Leute wie ich denken.
  • Homogenes Volk
    • Die einfachen Leute ziehen alle an einem Strang.
    • Einfache Leute verbindet ein guter und ehrlicher Charakter.
    • Die einfachen Leute teilen gemeinsame Werte und Interessen.

 

Um die Konstrukte Expertokratie und Populismus auf Einstellungsebene in der Bevölkerung zu erfassen, wurde auf bewährte Aussagen, sogenannte Items, zurückgegriffen, die die theoretischen Elemente beider Sichtweisen abdecken. Populistische Einstellungen wurden so durch 13 Items erfasst, die in Tabelle 1 (Abbildung 2) dargestellt und den jeweiligen inhaltlichen Elementen zugeordnet werden: Für die Messung expertokratischer Einstellungen wurden ebenfalls aus bereits bestehenden Items 10 Items ausgewählt. Sie sind jeweils einem bestimmten zu messenden Merkmal zugeordnet. Diese  gehen aus Tabelle 2 (Abbildung 3) hervor.

Abb. 3

Inhaltliche Zuordnung der Items zur Expertokratie-Messung

  • Herrschaft einer Minderheit
    • Die Politik sollte das Volk eher anleiten als ihm folgen.
    • Die Politikerinnen und Politiker meines Landes sollten gebildeter und erfahrener sein als die einfachen Bürgerinnen und Bürger.
    • Abgeordnete sollten ihre Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen treffen, nicht nach dem Willen des Volkes.
  • Unmündiges Volk
    • Die normalen Menschen wissen nicht, welche Politik gut für sie ist.
    • Ich vertraue lieber auf die Meinung von Expertinnen und Experten als auf die Weisheit der einfachen Leute.
    • Die politischen Probleme sind heute so kompliziert geworden, dass sie nur schwer zu erklären sind.
  • Herrschaft des Expertentums
    • Soziale Probleme sollten auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse angegangen werden, nicht auf der Grundlage ideologischer Präferenzen.
    • Die Probleme, mit denen mein Land konfrontiert ist, erfordern Expertinnen und Experten, die sie lösen können.
    • Die besten politischen Entscheidungen werden von Expertinnen und Experten getroffen, die keine Abgeordneten sind.
    • Unser Land würde besser regiert werden, wenn wichtige Entscheidungen von unabhängigen Expertinnen und Experten getroffen werden würden.

 

In einer bundesweiten repräsentativen Befragung von 5.252 Bürger:innen wurden beide Einstellungen gemessen. Der Fragebogen umfasste zudem Fragen zur Zufriedenheit mit dem politischen System und der Demokratie sowie Fragen zu gewünschten politischen Entscheidungsprozessen und einen Abschnitt zu soziodemographischen Merkmalen. 

Darüber hinaus wurden die Fragen der vorangegangenen Ausgaben der Studienreihe „Wie wir wirklich leben“ wieder aufgenommen, anhand derer fünf Erwartungstypen gebildet werden können. Die Erwartungstypen stellen jeweils unterschiedliche Gruppen auf Basis der Zufriedenheit mit der eigenen Lebenssituation und der Politik in der deutschen Bevölkerung dar.

Mit den Fragen zu den Konstrukten Expertokratie und Populismus wurde im Anschluss an die Befragung eine Faktorenanalyse durchgeführt. In einem weiteren Schritt wurden vom rheingold Institut Grenzwerte für die zugeordneten Items festgelegt, um eine Unterscheidung zwischen geringen, mittleren und hohen Ausprägungen beider Einstellungen unter den Befragten vornehmen zu können. In der weiteren Auswertung des Fragebogens wurde das Antwortverhalten stark populistisch und stark expertokratisch eingestellter Befragter getrennt dargestellt. So konnten Unterschiede im Antwortverhalten zur deutschen Bevölkerung insgesamt, zwischen den Befragten mit hoher Ausprägung, wie auch generell zwischen den Ausprägungen der Einstellungen, verglichen werden.

Anschließend an die quantitative Befragung wurden qualitative Online-Interviews durchgeführt. Proband:innen wurden dafür vorab in einem Screening nach entweder stark populistischen oder stark expertokratischen Einstellungen ausgewählt. Mithilfe der Interviews sollte ein tieferer Einblick in die Beweggründe für beide Sichtweisen ermöglicht werden. In zweistündigen Leitfadeninterviews wurden 40 Proband:innen einzeln online befragt. Die Ergebnisse der Interviews wurden von Interviewer:innen transkribiert, anschließend strukturiert und durch das rheingold Institut ausgewertet.